Der Pauschaltourist wird Giftschlangen meist nie zu Gesicht bekommen. Aber gerade für Individual- und Abenteuer-Touristen, Camper oder Backpacker ist eine Begegnung in tropischen und subtropischen Gefilden durchaus realistisch. Umsichtiges Verhalten im Gefahrenfall kann hier Leben retten. Was können Sie tun, um Schlangenbisse zu vermeiden?
- Wenn eine Schlange gesehen wird: Fluchtdistanz einhalten. Fotos nur aus sicherer Entfernung machen. Niemals versuchen, Schlangen zu fangen oder den Helden zu spielen!
- In unsicherem Terrain (z. B. Garrigues o. ä.) nicht barfuß oder in Sandalen laufen. Geschlossenes Schuhwerk, idealerweise Stiefel bevorzugen
- Beim Picknicken erst schauen, wo man sich niederläßt
- Vorsicht beim Griff ins Unterholz, insbesondere im Dunkeln, z. B. Feuerholz tagsüber zurechtlegen und immer hinschauen, wo hinein man greift!
- Gefährlich ist es, nachts ohne ausreichende Beleuchtung das Zelt o. ä. ohne festes Schuhwerk zu verlassen
- Beim Klettern immer darauf achten, wohin man greift, nie unbedacht in Spalten greifen
- Abgelegte Kleidung vor dem Anziehen untersuchen und ggf. ausschütteln
Was sollten Sie im Falle eines Schlangenbisses unbedingt unterlassen?
Leider findet sich in älterer Literatur immer noch die vollkommen unangebrachte Empfehlung "Abbinden". Abbinden ist einzig und allein für spritzende, anders nicht zu stoppende Blutungen aus Schlagadern nach Unfällen reserviert.
Bei Schlangenbissen ist Abbinden falsch und führt meist zu einem völlig überflüssigen Verlust von Gliedmaßen. In den seltensten Fällen kommt es bei Schlangenbissen zu einer Kompartimentierung. Erst das Abbinden macht eine spätere Amputation nötig! Eine solche Erste "Hilfe" schadet mehr!
Häufig wird empfohlen, die Wunde einzuschneiden. Es gibt auch spezielle Geräte, um die Wunde zum Bluten zu bringen. Bitte, niemals! Schlangengift hat schwerwiegende Folgen für das Gerinnungssystem des menschlichen Blutes. Unter Umständen kommt es zu einer sog. "Verbrauchskoagulopathie", d. h. die Gerinnung des Blutes ist deutlich herabgesetzt. Wenn man dann zusätzliche Wunden verursacht, riskiert man ein Verbluten und schadet mehr als man nützt. Außerdem riskiert man durch Einschneiden, daß das meist in den Muskel gespritzte Gift Zugang zu großen Gefäßen findet und sich schneller im Körper ausbreitet.
Aussaugen (auch mit sog. Giftextraktoren) ist ineffektive Verschwendung wertvoller Zeit, weil der erzeugte Unterdruck niemals groß genug wird, um effektiv Flüssigkeit aus dem Gewebe zu ziehen.
Anwendung von Serum durch Laien: Jede Seruminjektion birgt die Gefahr einer allergischen Reaktion. Insbesondere wenn der Patient schon einmal Serum erhalten hat, kann es zum anaphylaktischen Schock kommen. Ohne eindeutige Identifizierung des Gifttieres, ohne Möglichkeiten der Schockbehandlung ist eine Seruminjektion viel zu riskant, weil sie intravenös gegeben werden muß. Intramuskulär ist die Verteilung viel zu langsam.
Vollkommener Unsinn: Jegliche Art von Hausmitteln, Ausbrennen, intensives Kühlen, Ayurveda, Elektroschocks, irgendwelche Medikamente, Kaffee, Alkohol, Streukügelchen. Alles hirnlose und unproduktive Zeitverschwendung! Zeit damit zu verplempern ist keine Erste Hilfe, sondern unterlassene Hilfeleistung!
Was sollten Sie im Falle eines Schlangenbisses unbedingt tun?
1. Entfernen Sie den Verletzten sofort aus der Gefahrenzone, aber ohne eigene Gefährdung. Beruhigen Sie den Verletzten. Gutes Argument: Abwehrbisse sind häufig "trocken", anders als Beutebisse. Vermeiden Sie Panik bei sich und beim Opfer um jeden Preis!
2. Versuchen Sie, die Schlange ohne eigene Gefährdung zu identifizieren: Kopfform (breit, schmal, eckig abgesetzt?), Augenform (Pupillen rund oder schmal?), Farbe, Zeichnung, Bißmarken? Photoapparat, Photohandy zur Hand? Der Arzt kann dann später ggf. leichter das richtige Serum auswählen.
3. Es ist mit einer großen Schwellung zu rechnen. Entfernen Sie daher alle Ringe, Armbänder, Uhren, beengende Kleidung etc.
4. Richten Sie jetzt alle Bemühungen auf einen schnellen Transport zum nächsten Arzt. Verschwenden Sie keine Zeit an fragwürdige und kontraproduktive Maßnahmen (s. o.)!
5. Bei Bissen von Elapiden mit starken Toxinen (Kobra, Krait etc) bringt die australische Pressure-immobilisation-technique viel; das betroffene Glied wird mit einer elastischen (!) Bandage (Idealbinde, Kurzzugbinde) wie bei einem verstauchten Knöchel bandagiert, von der betroffenen Stelle zum Rumpf hin gewickelt. Dies ist kein Abbinden, sondern die Maßnahme verlangsamt den Blut- und Lymphstrom in den Kapillaren, unterbindet ihn aber nicht! Bei Schlangen, die starke lokale Gewebsnekrosen verursachen (Klapperschlangen, Vipern) ist das jedoch NICHT angebracht, sondern schadet mehr!
6. Vermeiden Sie überflüssige Bewegungen. Ein betroffener Arm sollte mit einem Tuch fixiert werden. Bei einem Biß in den Fuß oder in ein Bein sollte der Patient von Helfern liegend transportiert werden, möglichst nicht selbst laufen, um eine Verteilung des Giftes im Körper nicht zu beschleunigen.
7. Beobachten Sie den Patienten beim Transport. Was machen die Vitalfunktionen? Das größte Risiko beim Transport ist ein eintretender Kreislaufschock. Ggf. Schocklage oder sogar Wiederbelebungsmaßnahmen. Bei Bewußtlosigkeit in stabiler Seitenlage lagern.
In Kambodscha gibt es (wer hätte das gedacht) auch für diese Fälle eine NGO-Organisation.
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