(von Mark Teufel, 27.04.2011)
Es ist schon vielsagend, wenn einem Regime keine anderen Gründe einfallen, wie nationalistische Zeitungs-Artikel eines anderes Landes, um Friedensgespräche abzusagen.
Bangkok Pundit hinterfragt sinngemäß mit Recht, dass in diesem Fall Kambodscha eigentlich überhaupt keine Gespräche mehr mit Thailand führen dürfte, sieht man die kriegshetzerische Berichterstattung in manchen thailändischen Medien wie z.B. ASTV.
Immer deutlicher wird, dass der Krieg ein Baustein auf dem Weg zur nächsten direkteren Machtübernahme des Militärs ist, wie während der gestrigen Pressekonferenz der UDD (Vereinigten Front für Demokratie und gegen Diktatur) im Auslandskorrespondentenclub in Bangkok erläutert wurde.
Denn es ist ja nicht nur die Absage der Gespräche, sondern die Art der Absage.
Die lächerliche Ausrede, dass kambodschanische Zeitungen geschrieben hätten, dass Thailand zu Waffenstillstandsgesprächen käme, weil es militärisch geschlagen wäre, ist so unglaublich, dass es für Abhisit Vejjajiva wie eine schallende Ohrfeige wirkt. Dieser hatte verzweifelt versucht, nachdem er lange für solche Gespräche geworben hatte, nicht von einer Absage der Gespräche zu reden, sondern einer „Verschiebung“.
Die Armee glaubt diesen Krieg zu benötigen, um ihre Rechtfertigung für eine Machtübernahme auf ein breites Fundament zu stellen.
Aber im 21. Jahrhundert scheint das nicht mehr so zu funktionieren wie noch in den 1970er Jahren. So lautet eine der Kernaussagen der UDD, dass die Puea-Thai-Party im Fall eines Wahlsieges sofortige Friedensverhandlungen mit Kambodscha beginnen werde und kein Schuss mehr an der Grenze fallen wird. Solche Aussagen wären vor 30 Jahren noch als Vaterlandsverrat bestraft worden. Dass die größte thailändische Massenorganisation diese Äußerung macht zeigt, dass die alten nationalistischen Zündeleien ihre Wirkung im Zeitalter des Internets verloren haben.
Leider hat in Kambodscha dieser Krieg den Ultra-Nationalisten erheblichen Auftrieb verliehen. Es wird einige Zeit dauern, bis sich die Wogen wieder glätten und die Gründe für den Krieg in Kambodscha klarer werden. Sicher gibt es eine große Gruppe aufgeklärter Kambodschaner, die sehr wohl wissen, dass der Krieg mit Thailand hauptsächlich thailändische innenpolitische Gründe hat.
Aber vielen einfachen Menschen werden die Schüsse, die Streumunition und der fast willkürliche Artilleriebeschuss (der so sehr an den militärischen Einrichtungen vorbei geht, dass Kambodscha es über Stunden nicht für notwendig erachtete, das Feuer zu erwidern), lässt es zu, dass die Ultranationalisten alte Bilder vom Erzfeind Siam schüren.
Siam, das mehrere Male die Region der Khmer überfiel, Zerstörung und Verwüstung anrichtete, viele Menschen tötete („im Blut baden“) und als Sklaven entführte, nachdem die Khmer hunderte von Jahren weite Teile Siams beherrscht hatten.
Thailand das schließlich als Verbündeter der USA während der Phase des Vietnamkrieges für einen schmutzigen Krieg in Kambodscha mit verantwortlich war, ebenso wie für unzählige Minen und Blindgänger, die heute noch Opfer fordern. (Auf Kambodscha waren während des Vietnamkrieges durch ein amerikanisches Flächenbombardement unter Assistenz Thailands 100.000 Tonnen Bomben abgeworfen worden, so viel wie auf kein anderes Land der Welt vorher.) Es ist leicht, gegen solche Nachbarn Misstrauen und Hass zu schüren.
Hatte ich im letzten Jahr erklärt, dass es keinen Coup geben wird (außer im Fall des Todes von König Bhumipol), denke ich heute, dass das Militär unter General Prayut nun kurz davor steht, die Macht im Land wieder direkter zu übernehmen, ohne die lästigen Beschränkungen ziviler Gesetze und eines Parlamentes.
Aus Kreisen des Militärs stammen Gerüchte, die sogar schon von einem festgelegten Putschtag, dem 29. April 2011 reden, also kurz bevor Abhisit die Auflösung des Parlaments erklärt. Einerseits erscheint es unklug, bestände doch nach Auflösung des Parlaments eine Möglichkeit, die Nationalversammlung und Regierung mit Hilfe der Justiz semi-legal neu zu definieren. Andererseits war es 2006 auch kurz vor einer neuen Wahl gewesen, als das Militär zuschlug, um eine neuerliche Legitimierung der Regierung Thaksins durch Wahlen zu verhindern.
Die Bangkok-Post meldet:
Die Regierung ( Thailands ) hat sich von den geplanten Gesprächen über eine Waffenruhe mit Kambodscha zurückgezogen, wodurch die heftigen Kämpfe beendet werden sollten, bei denen bisher 14 Soldaten sowie ein Zivilist ums Leben kamen. Die Hoffnung über einen Waffenstillstand hatte sich breit gemacht, nachdem beide Länder ankündigten, dass sich deren Verteidigungsminister treffen werden. Armeesprecher Sansern Kaewkamnerd kündigte jedoch an, dass Verteidigungsminister Prawit Wongsuwon nicht nach Kambodscha reisen wird, um an den Gesprächen mit seinem Amtskollegen Tee Banh teilzunehmen.
"Wir haben uns letzte Nacht entschieden General Prawit nicht nach Phnom Penh zu schicken, nachdem einige kambodschanische Medien bekanntgaben, dass Thailand der Waffenruhe zugestimmt und die Niederlage eingestanden habe," sagte Oberst Sansern.
Die beiden Staaten tauschen nun über den Abbruch der diplomatischen Annäherungsversuche frische Anschuldigungen aus.
"Thailand will keinen dauerhaften Waffenstillstand erreichen", sagte der kambodschanische Regierungssprecher Phay Siphan in Phnom Penh.
Acht kambodschanische und fünf thailändische Soldaten sind in den letzten fünf Tagen entlang der gemeinsamen Grenze gestorben, woraufhin der diplomatische Druck auf die Nachbarn gewachsen ist, um den Konflikt zu beenden.
Oberst Sansern sagte, dass außerdem ein thailändischer Zivilist getötet wurde - der erste während den aktuellen Auseinandersetzungen.
Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig die Auseinandersetzungen begonnen zu haben.